Gedanken zum Sonntag

Kinderlachen oder wie wir etwas verlernt haben...

 

Der Freitag dieser Woche war wieder so ein Tag: Ein Sascha-Grammel-Tag. Ach, Ihr kennt Sascha Grammel nocht nicht? Nach dem Blog gibt es einen Link zu ihm.
Er ist ein wahrer Meister der Bauchrednerkunst, ein Verführer zum Lachen und ein Mahner für mehr Spaß im Leben.
Tolle Show. Noch zu sehen im Internet. Das Bemerkenswerte bei dieser Sendung war der Schluß der Show. Es gab Applaus, er bedankte sich, und nach einer kurzen Bemerkung ging er ab von der Bühne. Mit einem Luftballon, ja mit einem Luftballon kam er wieder auf die Bühne. Und damit sind wir mitten in einem Wust aus Geschichten, die diesen Blogbeitrag bestimmen. Interessiert?

Na dann legen wir los…

Also Sascha Grammel mit Luftballon auf der Bühne, Musik zur Untermalung.
Und was dann passierte, was dies in mir auslöste, was zu diesem Beitrag führte, sieht man und hört man nicht alle Tage. Schon garnicht bei einer Show.
Gehen wir gedanklich mal zurück - mit ihm und dem, was er sagte.

 


 

Habe ich viel gelacht als kleiner Junge? Bestimmt. Vielleicht nicht so oft wie Kindern, die in geborgenen Verhältnisse aufwuchsen, die nicht so krank waren. Aber gelacht dürfte ich haben.
Mich über Dinge wie Luftballons, Eis oder Schnee gefreut. Es waren nicht einfach Dinge, Gegenstände oder Zustände. Nein, es waren Überraschungen und Emotionen. Es waren Auslöser
für Abenteuer, für ausgedachte Geschichten und eben für viel Spaß. Alles gespickt mit Lust auf mehr. Und ein Abenteurer war ich wahrlich. So oft wie ich von zu Hause abgehauen bin...
Die Stadt, der Wald, der Park, meine kindliche Umgebung gab mir mehr Anreize, als das Zuhause.
Nein, die Erwachsenen hatten es nicht leicht mit Klein-Holger.

Es kamen Umzüge, das Älterwerden und die Zeit der Schule.
In dieser Zeit sollte ich Schwimmen lernen. Brrrrrr - nicht so mein Ding gewesen. Ich war lieber in der Stadt unterwegs. Habe auf meine Art Hoyerswerda unsicher gemacht. Meine ersten Erfahrungen
mit Jungs und Männern standen an. Das war meine Welt, in der ich meine Momente des Lachens hatte. Über was ich da alles gelacht und mich gefreut habe, bekomme ich heute nicht mehr zusammen. Nur über Hurvínek und Spejbl konnte ich nicht lachen. Meine Stiefeltern wollten uns Kindern eine Freude bereiten. Also Karten besorgt für deren Veranstaltung. Die Ernüchterung kam ziemlich schnell. Der Künstlerbus brannte mitsamt der Originalpuppen aus. Und somit verging nicht nur die Vorfreude, sondern auch das Lachen. Und ich habe es bis heute nicht geschafft, zu einer Show dieses hervorragenden Puppentheaters zu gehen.

Cottbus - wieder Umzüge, dann Kinderheim, Jugendweihe, Lehre, erste Schritte in die Arbeitswelt.
Nein, keine einfache Zeit für mich. Zeit, erwachsen zu werden.
Zeit der ersten intensiven Erfahrungen mit Männern, auch die ersten Schmetterlinge im Bauch wegen eines solchen. Ja, es ging lustig zu in dieser Zeit. Ob mit den Jungs um mich herum, ob mit den Russen oder in der Gastronomie. Mal ohne und immer öfter mit Alkohol. Mit Alkohol ging es oft leichter, man wurde wieder zum Kind. War das der Grund, warum man des öfteren (mir zu oft!) zu dem Zeug 'Alkohol' griff? Ich kann bis heute diesem Zeug nicht sonderlich was abgewinnen. Auch aus vielerlei Erlebnissen. Die meisten davon keine schönen. Und das ist bis heute so geblieben.

Nun endlich Erwachsensein. Angehimmelt von Männern. Erste Ausflüge mit meinem Arbeitskollegen Paul nach Berlin, in die „Busche“ - der Diskothek für Schwule in Berlin.
Dann regelmäßige Trips nach Berlin. Erste ernsthafte Beziehung in der Stadt meiner Wahl. Und so zog ich auch hierhin. Arbeit im 'Palasthotel' bis zur Wende. Wir haben viel Freude und Spaß gehabt, viel gelacht... Und ja, trotz aller Probleme mit dem Staat und den damit verbundenen Schwierigkeiten. Jeder von uns fand seinen Weg zum Glücklichsein, die Momente, in denen man lachen konnte. Auch die DDR bot den Menschen viele Möglichkeiten des Lustigseins. War das aber die Fröhlichkeit aus der Kindheit? Nein, kann es gar nicht. Weil wir älter, weil wir erwachsen wurden und angepasster. Da wir, so wie ich auch, das „Kind-Sein“ abgelegt hatten. Weil wir den uns umgebenden Zwängen nicht mehr erlaubten, „Kind zu sein“.

Dann die Wende. Neuorientierung, neuer Beruf, neue Beziehung. Oh ja, ich habe mich in der Zeit wirklich ausgetobt. Ich wurde wieder zum Kind. Zum Teil zumindest. 'Mainzer Straße', westliche schwule Szene, die ganzen Märkte und Messen, auf denen ich unterwegs war und viel Sex. Das ich in der Zeit mir nichts „eingehandelt“ habe, gleicht einem Wunder. Oder doch eher meiner vernunftbegründeten Grundhaltung. Spaß ja, aber bitte mit Niveau und Augenmaß auf die Dinge,die wichtig waren!

Dann noch die Jahrtausendwende: Wieder viele Veränderungen, Anpassungen und leider auch viele Tiefschläge. Nur den Spaß, die Lust auf Abenteuer, habe ich mir nie nehmen lassen. Und mir so das Lachen auf meine Weise bewahrt.

Und nun? Jetzt bin ich eine „Zitrone“ in gewissem Alter - dennoch mit viel „Saft“ in mir. Viele berufliche Wege, auch Irrwege, unerfüllte Liebe. Nun wieder echte Liebe, Alltag und neue Wege, die sich einem auftun. Bleibt da das Lachen auf der Strecke? Ich glaube und hoffe nicht. Es ist ein anderes älter gewordenes Lachen. Eine andere Art Spaß zu haben.

Warum? Wir sehen seltener Überraschungen oder Emotionen in Dingen. Ja, für uns ist es erst mal ein Luftballon mit Helium gefüllt und an einer Baumwollschnur fixiert. Für uns ist dies keine Leiter in den Himmel – hin ins Abenteuerland. Der Luftballon bringt uns nicht mehr zum Träumen!
Wir sehen die Welt um uns herum oft (meiner Meinung nach zu oft!) zu nüchtern. Wir erlauben uns zu selten, wenn überhaupt, den kindlichen Blick. Das hat Sascha Grammel uns an diesem Abend - auf wundervolle und in der ihm eigenen charmanten Art - deutlich vor Augen geführt.

Wie sagte er so schön: „Kinder lachen bis zu 400 mal am Tag. Wir Erwachsene nur 15 mal.“

Eine Aufforderung geradezu, endlich mal wieder zu lachen. Das Kind in uns zu wecken, es zu pflegen und zuzulassen. Ich sage meinen jungen Teilnehmern im Projekt immer, sie sollen erwachsen werden, sie müssen erwachsen werden. Und wir müssen sie daran erinnern und diesen Prozess aktiv umsetzen. Aber ich sage auch, dass sie das Recht haben, noch Kind sein zu dürfen. Dass sie es nicht vergessen sollen, dass sie zu 25% das Kind in ihnen behalten und pflegen sollen. Denn so - nur so! - können sie neugierig bleiben, sehen die Dinge nicht so verkrampft und sind bereit für Neues.

Also die Bitte an uns alle (ich nehme mich nicht aus): Pflegt das Kind im Manne oder in der Frau! Habt Spaß an und mit dem, was ihr macht. Überdenkt Situationen, die Euch keine Freude bereiten, die nur Zwang bedeuten. Sind diese es wert, dass man sich für sie aufopfert, seine Energie vergeudet? Kommt wieder zusammen und ruft Euch gegenseitig zu: Wir wollen wieder lachen, gemeinsam lachen, gemeinsam an Dingen Spaß haben. Vielleicht gelingt uns ja auch so, Brücken zu bauen. Brücken zu einem besseren Verständnis zueinander und miteinander.

Heute, am Totensonntag, sollten wir unserer verstorbenen Anverwandten, Freunden und anderer Menschen gedenken, die uns zum Lachen gebracht haben, mit denen wir gemeinsam Spaß hatten.
Meine kleine Sonntagsaufgabe an Euch:
Erzählt mal was über Menschen in der Vergangenheit, die Euch zum Lachen gebracht haben. Behaltet so auch diese Menschen in guter Erinnerung. Und nehmen wir die Kraft, die daraus erwächst, mit in unser aller Alltag.
Einen schönen Sonntag und kommt mir gut in die Woche! Und bitte: Vergesst das Lachen nicht!
Wie gesagt: Auch ich muss mir dies immer wieder ins Bewusstsein rufen… ;-)

 

Infos zu Sascha Grammel:

Er ist ein wahrer Meister der Bauchrednerkunst, ein Verführer zum Lachen und ein Mahner für mehr Spaß im Leben.
Möchtet Ihr mehr über Ihn erfahren? hier geht es weiter....


Infos zu Spejbl & Hurvínek:

"Ein kleiner Spiegel der großen Welt." So steht es auf der Seite des Puppentheaters wo die Beiden und viele andere Puppen ihr zuhause haben. Kommt mit und schauen wir bei denen vorbei. hier geht es weiter...


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