Rechtstipp am Montag

Ausweiskopie(n)? V-O-R-S-I-C-H-T !!!

Das Verlangen von Ausweiskopien greift um sich – begünstigt durch ein Gesetz, das keiner so richtig versteht. Und die darin verankerten harten Strafen fordert auch niemand ein.

 "Schicken Sie uns bitte eine Ausweiskopie!" So heißt es oft in Immobilienportalen oder bei Auskunfteien. Auch Facebook-Nutzer mit ungewöhnlichen Namen sehen sich dieser Aufforderung wiederholt ausgesetzt. Viele Nutzer haben ein flaues Gefühl dabei, denn angeblich sind Ausweiskopien verboten. Selbst Juristen hören nicht auf, das angebliche Kopierverbot zu verteidigen. Doch wer sich deshalb dem Verlangen verschließt, hat auf jeden Fall das Nachsehen: Der Besichtigungstermin platzt, man bekommt keine Selbstauskunft oder fliegt aus Facebook raus.

 

Vertrackte Situation - und der Gesetzgeber ist schuld daran: Das Personalausweisgesetz (PAuswG) und die zugehörige Verordnung sind völlig „verschwurbelt“ geschrieben. Weder Verbraucher noch Anbieter erkennen, wie eng die Randbedingungen für legale Ausweiskopien gesteckt sind und tappen schnell in die Falle. Doch während Menschen, die ihren Ausweis einscannen und farbig ausdrucken, schnell wegen Urkundenfälschung vor Gericht landen, müssen Firmen, die ihren Kunden die Pistole auf die Brust setzen und eine Kopie fordern, keine Strafen fürchten.

Keine Chance für Verbraucher

 

Obwohl das Gesetz Bußgelder in Schwindel erregender Höhe vorsieht – bis zu 300.000 Euro für bestimmte Verstöße! – ist kein einziger Fall bekannt, bei dem eine Firma dafür „bluten“ musste. Das ist der eigentliche Skandal. Denn so kann man sich als Verbraucher kaum gegen das ausufernde Verlangen nach Ausweiskopien wehren. Umso schlimmer ist, dass z.B. Immobilienportale beide Augen zudrücken, statt Angebote abzulehnen, die eine Ausweiskopie als „nötig“ ansehen.

 

Ausweiskopien sind nicht grundsätzlich verboten, wie das Bundesinnenministerium in einer Stellungnahme auf eine Anfrage von Datenschutz-Anwälten klarstellte. Klar geregelt ist dies bei Telekommunikations-Anbietern, Banken und den Führerschein-Behörden. Die dürfen Ausweise ohne wenn und aber kopieren.

Verklausulierte Klausel, zweifelnde Juristen

 

Das war's aber auch schon: Wenn der Ausweis nur zum Feststellen der Identität nötig ist – z.B. beim Autovermieter,beim Vertragsabschluss im Fitness-Studio, u.ä. – dann sind Kopien nicht erlaubt! Wichtig: Wer die Kopie macht, muss sie deutlich als Kopie kennzeichnen. Und: Daten, die nicht zum Identifizieren nötig sind, sollen geschwärzt werden. Der Gesetzgeber meint damit die aufgedruckten Zugangs- und Seriennummern. Wer Kopien verlangt, muss darauf hinweisen. Sobald der Empfänger sie nicht mehr braucht, muss er sie vernichten.

 

Die wichtigste Klausel ist – wie der Name schon andeutet – derartig verklausuliert, dass Laien sie kaum richtig deuten können. Eine automatisierte Speicherung der Ausweisdaten ist nach dem Perso-nalausweisgesetz unzulässig. Klartext: Das Scannen und Speichern des „Persos“ ist definitiv verboten! Doch selbst vielen Juristen geben hierüber definitiv falsche Auskünfte!

Selbständig und trotzdem „Hartz IV“ (ALG II) ?

 Arbeitslosengeld-II-Empfänger dürfen selbstständig tätig sein. Umgekehrt können hilfsbedürftige Unternehmer und Freiberufler ALG II erhalten. Wir nennen die Voraussetzungen und rechnen vor, was unterm Strich übrig bleibt.

Selbstständige, die "hilfbedürftig" werden, können die "Grundsicherung für Arbeitssuchende" nach dem Sozialgesetzbuch (SGB) II in Anspruch nehmen. Aufgeben müssen sie ihre Selbstständigkeit dafür nicht. Denn Bezieher von Arbeitslosengeld II dürfen durchaus gewerblich oder freiberuflich tätig sein. Selbstständige (Neben-)Einkünfte sind sogar ausdrücklich erwünscht, da sie erfahrungsgemäß die Chance der vollständigen Wiedereingliederung in den Arbeitsmarkt erhöhen. Die vom SGB III (Arbeitslosengeld bzw. -hilfe) bekannte Arbeitszeit-Obergrenze von wöchentlich 15 Stunden gibt es im SGB II nicht.

 

Das Anrechnungsverfahren

 Bei der Berechnung der ALG-II-Unterstützung bzw. Anrechnung von Einkünften wird grundsätzlich nicht zwischen Angestellten und Selbstständigen unterschieden.
Sie erfolgt grob gesagt in folgenden Schritten:

Ermittlung der maximal zustehenden monatlichen ALG-II-Unterstützung, insbesondere Regelleistungen von bis zu 409 € - Stand: 01.01.2017 - für den Antragsteller, 368 € für volljährige Partner und vier verschiedene Sätze für Kinder - 327 € für 18-25 jährige, 315 € für 15-17 jährige, 291 € für 7-14 jährige, 237 € für 0-6 jährige - der Bedarfsgemeinschaft (BG) plus Miet- und Heizkostenzuschuss. Wird Warmwasser für die Wohnung dezentral (Durchlauferhitzer, o.ä.) erzeugt, kommen noch einmal 9 € pro Person der BG hinzu.

 



Verwertung nicht geschützter privater Vermögensbestandteile (z. B. "unangemessene" Immobilien, Fahrzeuge oder Alterssicherungen oberhalb bestimmter Freigrenzen) und Verbrauch der damit erzielten Einnahmen.

 

Ermittlung des vorhandenen monatlichen Netto-Erwerbseinkommens (Umsatz / Bruttoeinkommen minus Betriebsausgaben / Werbungskosten sowie Steuern und Versicherungen).

 

Minderung des Einnahmeüberschusses um einen Erwerbstätigen-Freibetrag.

 

Abzug des sich ergebenden Restbetrags von der individuellen ALG-II-Obergrenze.

 

Die Rechtsgrundlagen finden sich in folgenden Gesetzen und Verordnungen:

 

im Paragraf (§) 11 SGB II ("Zu berücksichtigendes Einkommen"

im § 30 SGB II ("Freibeträge bei Erwerbstätigkeit") sowie

in der ALG-II/Sozialgeld-Verordnung ("AlG II-V")

 

Urlaub 2016 bis 31.12. komplett nehmen?

 Einige von euch werden noch „alten“ Urlaub (rechtlich korrekt: Erholungsurlaub) aus diesem Jahr haben und fragen sich jetzt, ob und ggf. wann dieser verfällt.

 

1.) Grundsätzlich ist es gemäß § 7 Bundesurlaubsgesetz (BUrlG) so, dass der Urlaub in dem Kalenderjahr zu nehmen ist, in dem er entsteht. Also auf dieses Jahr bezogen: Der Urlaubsanspruch, den ihr für 2016 habt, muss bis zum 31.12.2016 genommen werden.

Ansonsten verfällt er.

 

2.) Den Urlaub auszahlen (sog. Abgeltung in Geld) darf gem. BurlG der Arbeitgeber vom Grundsatz her nicht.

 

Aber: Kein Gesetz ohne Ausnahme!

D.h., kann der Arbeitnehmer - weil er in Rente geht, weil er die Arbeitsstelle aufgibt oder gekündigt wurde – den (Rest-)Urlaub nicht mehr nehmen, ist dieser auszuzahlen.

 

Und: Konnte der Arbeitnehmer seinen Urlaub z.B. wegen Krankheit nicht (komplett) nehmen oder dringende innerbetriebliche Umstände haben dies verhindert (z.B. Urlaubsperre wegen eines großen Auftrags für die Firma, weil kein anderer gleichqualifizierter Arbeitnehmer zur Verfügung stand, o.ä.), ist der Urlaub auf das nächste Kalenderjahr zu übertragen und muss dann bis zum 31.03. genommen werden.

 

Natürlich kann jeder auch versuchen, mit seinem Chef zu reden, ob der Urlaub übertragen werden kann.
Wichtig dabei: Lasst euch die Vereinbarung über diese Absprache schriftlich geben, damit ihr sie ggf. auch beweisen könnt!

 

Rechtstipp am Montag

Arbeits-bzw. Ausbildungsplatz „trotz“ Epilepsie?

Anfallsfreie Menschen mit Epilepsie haben nur wenige berufliche Einschränkungen.

Ob tatsächlich eine Anfallsfreiheit vorliegt, d.h. ob der Patient medikamentös dauerhaft gut bzw. richtig eingestellt ist, entscheidet der behandelnde Neurologe (nicht der Hausarzt!).

Dennoch sind manche Berufe eher weniger geeignet, da durch sog. Spiegelschwankungen des Medikamentenwirkstoffs auch bei „eigentlicher“ Anfallsfreiheit, diese nicht 100%ig ausgeschlossen werden können. Oder anders gesagt: Einige Berufe sind jedoch auch nach mehrjähriger Anfallsfreiheit nicht zu empfehlen.

Diese sind:

Bäcker

Wachdienst

Polizist

Feuerwehrmann

Soldat

Dachdecker

Maurer

Schornsteinfeger

LKW- oder Bus-Fahrer

und alle (sonstigen) Berufe mit Nacht- und Schichtarbeit, mit Absturzgefahr oder Berufe, für die ein Führerschein unbedingt erforderlich ist.


Epilepsie am Arbeitsplatz

Häufig sind Berufstätige mit Epilepsie verunsichert darüber, ob sie ihre Krankheit dem Arbeitgeber mitteilen müssen oder nicht.

Grundsätzlich ist ein Mensch mit Epilepsie nicht verpflichtet, seinen Arbeitgeber über seine Erkrankung zu informieren.

Folglich muss die Erkrankung auch nicht in einem Bewerbungsschreiben erwähnt werden


Aber: Wenn der Arbeitgeber bei der Auswahl oder der Gestaltung des Arbeitsplatzes auf wesentliche Einschränkungen in Hinblick auf die geforderten Tätigkeiten Rücksicht nehmen soll oder muss, ist der Arbeitnehmer mit Epilepsie verpflichtet, seinen Arbeitgeber auf seine Erkrankung hinzuweisen. Dies betrifft insbesondere risikoreichere Tätigkeiten.

Anfälle, die ohne Auswirkungen auf die vorgesehene Tätigkeit sind, muss man nicht angegeben.

Schwerbehinderung

 

Menschen mit Epilepsie können bei Versorgungsamt einen Schwerbehindertenausweis beantragen.

Dieser hat folgende Vorteile:

Stellt das Versorgungsamt einen Grad der Behinderung (GdB) von 50 und mehr fest, hat der Arbeitnehmer Anspruch auf eine Woche zusätzlichen, bezahlten Urlaub.

Außerdem gilt für Schwerbehinderte mit einem GdB von 50 und mehr, dass sie nicht so „einfach“ gekündigt werden können, wie ein Mensch ohne Behinderung.

Beschäftigte mit einem Grad der Behinderung unter 50 und gleichgestellte Beschäftigte haben keinen Anspruch auf Zusatzurlaub.

Menschen mit einem Grad der Behinderung (GdB) von weniger als 50, aber mindestens 30, können von der Agentur für Arbeit schwerbehinderten Menschen gleichgestellt werden.

 

Mit einer Gleichstellung erhalten die Betreffenden grundsätzlich den gleichen Status wie schwerbehinderte Menschen. Sie haben damit im wesentlichen die gleichen Rechte und Ansprüche.

(Ausnahme: Zusatzurlaub; s.o.).

Sie haben Anspruch auf Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben nach dem Schwerbehindertenrecht und fallen unter den besonderen Kündigungsschutz. Arbeitgeber können finanzielle Leistungen zur Einstellung und Beschäftigung erhalten. Gleichgestellte Menschen werden bei der Ermittlung der Ausgleichsabgabe auf die Pflichtarbeitsplätze angerechnet.

 

Außerdem gibt es steuerliche Vorteile (=Freibeträge) für Menschen mit Schwerbehinderung.

 

Das „Pfund“ mit dem ein Schwerbehinderter bei seinem Arbeitgeber (auch einem zuküftigen) „wuchern“ kann:

Arbeitgeber, die über jahresdurchschnittlich mindestens 20 Arbeitsplätze verfügen, haben auf wenigstens 5 Prozent der Arbeitsplätze Schwerbehinderte zu beschäftigen.

Tun sie das nicht, müssen sie eine Strafzahlung (eine sog. Ausgleichsabgabe) leisten.

 

Daher haben Epileptiker mit Schwerbehindertenausweis (auch Gleichgestellte; s.o.) den großen Vorteil, dass sie zwar nahezu uneingeschränkt einsetzbar sind (Ausnahmen: s.o.), der Arbeitgeber aber seine Pflichtquote (s.o.) erfüllen kann, ohne Aufwendungen – zusätzliche Kosten - dafür zu haben. Dies ist vielen Arbeitgebern jedoch nicht bewusst. Deshalb: Darauf hinweisen!


Rechtstipp am Montag

Anspruch auf Weihnachts- und/oder Urlaubsgeld?

Viele von euch fragen sich (vor allem, wenn eine neue Arbeitsstelle angetreten wird), ob es so etwas wie einen „gesetzlichen“ Anspruch auf Weihnachts- oder/und Urlaubsgeld gibt.
Dazu hier ein paar klärende Erläuterungen:


Arbeitnehmer haben keinen generellen Anspruch auf Weihnachts- oder/und Urlaubsgeld. Zumindest gibt es kein Gesetz für Arbeitnehmer, welches die Zahlung von Weihnachts- und/oder Urlaubsgeld vorschreibt. Ob ihr eine zusätzliche Zahlung erhaltet, hängt vielmehr vom Betrieb, der Branche und/oder vom Arbeitsvertrag ab.

Ein Arbeitnehmer hat nur dann Anspruch auf Weihnachts- oder/und Urlaubsgeld, wenn die Zahlung in einer dieser Vereinbarungen festgelegt ist:

1.) im (individuellen) Arbeitsvertrag

2.) im Tarifvertrag

oder

3.) in einer Betriebsvereinbarung


Außerdem kann sich der Anspruch auf Weihnachts- oder/und Urlaubsgeld aus „betrieblicher Übung“ ergeben. Das bedeutet, dass ein Anspruch entsteht, wenn der Arbeitgeber über mehrere Jahre hinweg allen Beschäftigen einen bestimmten Betrag als Weihnachts- oder/und Urlaubsgeld zahlt, ohne auf die Freiwilligkeit der Leistung hinzuweisen. Dann entsteht ein Rechtsanspruch auf das Weihnachts-/Urlaubsgeld. Es wird zum Bestandteil des Arbeitsvertrags, ohne dass dies schriftlich festgehalten werden muss.

Weihnachtsgeld unter Vorbehalt

 

Arbeitgeber verhindern, dass aus dem regelmäßigen Weihnachts- oder/und Urlaubsgeld ein Rechtsanspruch wird, indem sie die Zahlung unter „Freiwilligkeitsvorbehalt“ stellen. Ist die Freiwilligkeit im Arbeitsvertrag festgestellt wird oder weist der Arbeitgeber bei jeder Auszahlung darauf hin, dass er die Zahlung freiwillig leistet, ergibt sich kein Rechtsanspruch für die nächsten Jahre. Mit diesem Freiwilligkeitsvorbehalt kann der Arbeitgeber das Weihnachts- oder/und Urlaubsgeld jederzeit kürzen oder ganz ausfallen lassen.

Ob es in eurer Firma Betriebsvereinbarungen gibt, könnt ihr direkt beim Betriebsrat erfragen (im öffentlichen Dienst: Personalrat). Es gibt mannigfaltige Betriebsvereinbarungen zu allen möglichen Themenbereichen, die euch zugänglich gemacht werden müssen, weil sie Teil eures Arbeitsverhältnisses sind. Deshalb: Nachfragen!