
Warten nur auf was? Die Kunst von Warten und dem Augenblick die Achtsamkeit sich zu schenken!
Ich war so vertieft in meine Arbeit an der neuen Webseite von meinem jungen Fotografen. Da hätte ich doch tatsächlich einer meiner Lieblingssendungen verpasst: Sonntags im ZDF.
Und schon konnte ich es nicht abwarten, den Fernseher anzuschalten und die Sendung aufzurufen.
Was für ein Thema heute! Da war mir klar: darüber sollte ich schreiben. Gerade weil ich auch zu den Personen gehöre, die mit „warten“ nicht immer so umgehen können.
Kannst Du es? Wie gehst Du damit um – gerade jetzt in der Adventszeit?
Ein Thema, über, dass wir uns mal austauschen sollten.

Fange ich mit mir an. Ich war schon immer ein unruhiges Wesen. Von klein auf war ich auf Dampf. Immer in Bewegung oder in Aktion. Warten, was ist das? Ich konnte schon immer mit dem Wort „Warten“ wenig anfangen. Alles sollte, nein musste schnell gehen. Ich konnte es nicht abwarten - das Ergebnis. Ob zu Weihnachten, zu Ostern, zu meinem Geburtstag, egal wann und wo.
Ich tue mich schwer mit dem Wort „Warten“. Jetzt darüber zu schreiben und auch jetzt den Blogbeitrag zu verfassen kann ich, weil ich jetzt endlich im „Warten“ etwas Positives sehe und mir dieser
Zustand auch Ruhe gibt. Ich lerne, bedingt auch durch das letzte große Projekt, dass Warten etwas Schönes ist. Das Warten mir hilft bessere Entscheidungen zu treffen. Weil ich einfach mit mehr
Achtsamkeit an die Dinge ran gehe.

In der Vergangenheit habe ich auch viele schlechte Entscheidungen getroffen. Weil ich nicht abwarten konnte. Ob in der Schule, im Kinderheim, beim Sex, später im Beruf oder einfach beim Einkaufen.
Ein Beispiel: Nach der Wende war ich nicht so verrückt wie manch Ossi und kaufte alles auf Teufel komm raus. Hauptsache aus dem Westen. Nur was Klamotten anging wollte ich auch dazu gehören – dem westlichen schwulen Mainstream. Also Klamotten im Versand bei Otto gekauft und mich wohl gefühlt. Nur es war geborgtes Geld. Es war nicht mein verdientes Geld. Ich konnte es nicht abwarten und nahm mir ein Konsumkredit. Ich brauchte fünf Jahre den wieder abzuzahlen. Nur weil ich nicht abwarten konnte und es sein musste. Eben eine Entscheidung die ich mit 25 Jahren tat. Und habe ich daraus gelernt? Ja und nein. Nur mit den Jahren der Erfahrungen und der Altersweisheit bin ich klüger. Heute kaufe ich viel überlegter und mit Ruhe und Bedacht ein. Sachen müssen für mich einen Mehrwert haben. Modern ja, nur ich achte darauf, dass sie auch noch in zwei oder drei Jahren gut aussehen und ich sie tragen kann.

Im Beruf habe ich auch zu oft schlechte Entscheidungen getroffen. Nur weil ich es nicht abwarten konnte, weil ich Geld verdienen wollte. Habe so Dinge getan die anderen Menschen geholfen haben, denen Geld gebracht hat und ich blieb bei dem Prozess auf der Strecke. Ich sah immer das Gute im Menschen, habe mich zu schnell verleiten lassen denen zu folgen. Weil ich nicht achtsam mit mir umgegangen bin. Weil ich zu wenig auf meine Bedürfnisse geschaut habe. Ich musste viele berufliche Stationen durchlaufen um jetzt endlich zu begreifen, dass ein Verhalten nicht dadurch besser wird wenn ich dieses in Eile und Schnelle vollziehe. Es gibt diesen Spruch: „In der Ruhe liegt die Kraft.“ Da ist was dran! Nun durch die Zertifizierung zum Coach habe ich noch einmal viel über mich gelernt und fange immer mehr an für mich zu denken und vor allem in Ruhe Entscheidungen zu treffen.
Ich muss nicht mehr den Dingen hinter her rennen. Ich habe es gelernt auch mit wenig Geld auszukommen. Das es wichtigere Dinge gibt: Die Achtsamkeit im beruflichen Alltag zum Beispiel, die Zweisamkeit einer Partnerschaft oder einfach mal auch die Seele baumeln zu lassen.
Ich nehme nicht jeden Auftrag als Coach, Mentor oder Dozent an. Ich bin frei, ich bin selbstbestimmt statt fremdbestimmt! Und diese Haltung hat sich ausgezahlt. Ich bin bei einem Bildungsträger
tätig, wo ich mich wohl fühle, wo man mich wirklich arbeiten lässt.

Auch was die Männer angeht war ich immer etwas schnell dabei. Vielleicht hier und da zu schnell. Ich konnte es nicht abwarten meine Beute zu vernaschen. Ja, ich war wild und ungestüm und es war eine geile Zeit mit ihnen. Fand auch die ich wollte. Nur war dieser Zustand nicht gerade förderlich für eine echte Beziehung zu zweit. Daher habe ich meine Zeit und drei Beziehungen gebraucht um jetzt in der vierten Partnerschaft die Ruhe für Zweisamkeit und Gemeinsamkeit zu finden. Ich brauche auch da nicht mehr in Eile und Schnelligkeit verfallen. Auch hier bin ich zur Ruhe gekommen.
Einen Preis für mein „nicht abwarten können“ habe ich auch bezahlt. Es war in der Zeit wo ich in Heilbronn beruflich weilte. Ich sage Euch: sexueller Notstand ohne Ende. Ein Angebot an Männer wie hier in Berlin gab es nicht. Ich wohnte in einer WG mit meinem Angehimmelten. Nur det war es auch. Also musste ich los ziehen. Und det in einem ländliche geprägten Ländle. Oh Gott, waren das oft Schnellschüsse. Ging so. Und so kam es wie es kommen musste. Es war in Stuttgart, ein Ossi mit dem ich mich gut – zu gut verstand. Also kam es auch zum „schnellen Sex“. Ich wusste, dass er HIV hatte, hatten auch Kondome benutzt. Nur wir waren so geil aufeinander, dass wir nicht mitbekamen, dass der Kondom platze und so war es geschehen. Ja, seit dem habe auch ich HIV und kann damit leben, heute mehr als damals. Ich wusste viel über diese Erkrankung. Nur habe ich zu lange gewartet, ja an falscher Stelle und zur falschen Zeit, mich testen zu lassen. Denn sonst hätte ich vielleicht eine Therapie wahr nehmen können, die die Verbreitung der Viren im Vorfeld hätte stoppen können. Soweit war man 2008 schon. Erst durch eine andere Bekanntschaft und durch eine „komische Erkältung“ kam ich endlich drauf mal mich testen zu lassen.
Du siehst: warten kann das eine oder andere bedeuten! Es kommt genau auf den Augenblick an wann wir warten oder nicht warten können sollten.
Heute lebe ich ganz gut mit den Medikamenten und den Umstand das HIV als chronische Krankheit eingestuft ist. Es behindert mich nicht im Alltag und ich weiß: bei vernünftiger Lebensweise kann ich damit alt werden. Zu viel auch dazu, da wir ja eben erst den Weltaidstag hatten.
Achtet auf Euch, geht rechtzeitig zum Arzt, lasst Euch testen, wartet nicht zu lange damit!

Fazit: In allen Lebenslagen begegnet uns das Wort „warten“. Es ist an uns wie wir damit umgehen. Einer lernt es früh und schnell – der andere, so wie ich, braucht seine Zeit.
Gerade jetzt in der Adventszeit sollten wir uns der positiven Bedeutung des Wortes vergegenwärtigen. Wie schön es ist zu warten: auf die Lieben die wir besuchen werden, auf den Nicolaus, auf den Weihnachtsmann oder einfach nur auf eine schöne besinnliche Zeit zu Zweit.
Vielleicht sollten wir uns dies generell zur Aufgabe machen, etwas mehr zu warten, mehr Ruhe und Achtsamkeit in unser Leben zu lassen. Vielleicht würde ja vieles besser funktionieren – auch in unserer Gesellschaft. Wäre doch mal ein Weihnachtsgeschenk an die Politiker. Die könnten eine Menge lernen was das Thema anbelangt.
Dir eine schöne Adventszeit und dass Du die Ruhe findest warten zu können.
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